Doppeltraillie als Drechslerarbeit

Eine sogenannte Doppeltraillie als Drechslerarbeit kommt nicht selten vor.  Dabei handelt es sich um die dicker und damit stabiler gehaltene Traillie (Treppenstab), die bei durchgängigen Handläufen auf dem Treppenpodest genau unter den Krümmlingen stehen. Meist haben sie die gleiche Form, wie die verbauten Treppenstäbe, nur eben dicker und mit einem höheren Sockel versehen. Dieser dient zur besseren Befestigung an der jeweiligen Antrittsstufe.

Für mich unverständlich ist, dass der Begriff  in den Suchmaschinen nicht oder kaum zu finden ist. Vermutlich liegt es daran, dass es regional unterschiedliche Bezeichnungen für die Bauelemente des Treppen- und Geländerbaues gab.  Durch die extreme Ausdünnung der Handwerksbetriebe im Drechslerhandwerk sind einige dieser Begriffe  fast verschwunden. Drechslerkollegen bezeichnen die Doppeltraillie auch als Molle oder einfach als Pfosten. Beide Begriffe bezeichnen jedoch auch die viel größer gehaltenen Pfosten  und Antrittspfosten, an denen die Handläufe seitlich oder frontal befestigt werden. Das führt somit zu Missverständnissen.

Doppeltraillie, Molle, dicke Traillie
Beispiel einer Doppeltraillie, die unter dem Krümmling steht

Die Fertigung

Eine wunderschöne Doppeltraillie durfte ich unlängst nach einem alten, zerbrochenen Muster anfertigen. Dazu verwendete ich sauberes, verleimtes Kiefernholz. Das zugerichtete Holz wurde ausgehobelt und abgelängt. Beim anschließenden Einspannen und Bearbeiten in der Holzdrehbank musste ich darauf achten, den Vierkant dort, wo er stehen bleiben musste, nicht zu verletzen.  Nach Drechslermanier drehte ich per Hand die Konturen nach dem Vorbild des alten Treppenstabes. Zum Einsatz kommen eigentlich nur die Werkzeuge, die schon seit Jahrhunderten Verwendung finden:  Röhre und Meißel in verschiedenen Größen.

Doppeltraillie in Fertigung
Die Konturen sind fertiggestellt

Den mittleren Konus habe ich vorgedreht und anschließend die Flächen an der Bandsäge angeschnitten.  Blieben nur noch die Zierelemente für den Würfel zu fertigen.

Doppeltraillie in Fertigung
Scharfe Konturen, sauberer Schliff…
Treppenstab-Zierelemente
Die geschnittenen, teils geschliffenen Zierteile

Diese wurden an der Kreissäge als Leiste vorgeschnitten, geteilt und anschließen an einer Schleifmaschine bearbeitet. Eine Flächenklebung unter Druck bringt eine dauerhafte Verbindung mit dem Würfel. Aus Kostengründen haben wir auf kleine Schnitzarbeiten am Konus verzichtet…

Doppeltraillie Fertigstellung
Die fertige Doppeltraillie

Dicke Treppenstäbe gedrechselt

Besonders dicke Treppenstäbe lassen sich genauso leicht erneuern, wie klassische „Berliner Traillien„. In diesem speziellen Fall sollten Stäbe mit einem Durchmesser von 130 mm neu hergestellt werden. Um Aufwand und Materialverbrauch so gering wie möglich zu halten, entschied ich mich, den Stab zu teilen.
dicke Treppenstäbe
Ober- und Unterteil konnten mit der Kopierdrehbank vorgedreht werden, während die dicken Mittelstücken in Handarbeit gefertigt wurden. Die vorherige Durchbohrung ermöglichte ein Verzapfen von beiden Seiten. Um ein hundertprozentig identisches Erscheinungsbild zu gewinnen, wurden auch die am Automaten vorgedrehten Teile per Hand nachgearbeitet. Das Endergebnis rechtfertigt den Aufwand. Wenn die Zapfen passen und die Bohrung lotrecht ist, geht die Endmontage schnell.
Einzig die Verpackung der fertigen Treppenstäbe stellte eine Herausforderung dar. Man konnte den Stab drehen und wenden, aber die Bündelung mehrerer Stäbe war schier unmöglich. Das konnte ich schließlich durch die Direktanlieferung beim Kunden umgehen.
Als Material verwendete ich in diesem Fall Birkenholz. Der Drehstahl des Automaten musste tief eingreifen. In dem Fall ist ein relativ weiches Holz schonender für die Bauteile der hydraulischen Kopierdrehbank. Es hätte aber auch Erle oder Kiefer Verwendung finden können.

In ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz ist das Drechslerhandwerk vertreten, welches sich wie jedes klassische Handwerk durch eine solide Ausbildung, umfassende Kenntnisse und Fertigkeiten auszeichnet. Die Gesellen und Meister dieses Handwerks sind meist spezialisiert, aber prinzipiell in der Lage, alle Erzeugnisse des Drechslerhandwerks herzustellen. Einzig die maschinelle Ausrüstung und Übung in den verschiedenen Bereichen bestimmt, welcher Kollege welcheArbeit besonders effizient ausführen kann.

Entgegen dem allgemeinen Fachjargon verwende auch ich in diesem Artikel den Begriff „drechseln“.  Die Suchmaschinen können dann besser zuordnen. Mehr Informationen zu dem Thema finden Sie hier.

Historische Treppenstäbe

Nicht immer müssen Historische Treppenstäbe komplett erneuert werden. Bei besonders aufwändigen Stücken lohnt sich auch eine gezielte Ergänzung defekter oder fehlender Teile. In diesem Fall handelte es sich um ein sehr schönes Treppengeländer in Cottbus. Die Fachfirma vor Ort bestellte bei mir diverse gedrehte (gedrechselte) Teile aus Eichenholz. Eiche als einheimisches Edelholz ist kaum anfällig gegen Wurmbefall. Aus diesem Grund war die Substanz noch sehr gut erhalten.

historische Treppenstäbe aus Eiche
Bild: Jens Haberland

Sehr gern wurde früher jedoch Erlenholz verwendet. Dieses ist sehr anfällig gegen Wurmbefall. Aus diesem Grund sollte man dort immer abwägen, ob ein Komplettaustausch der gedrechselten Treppenstäbe nicht doch die bessere Variante ist. Ein Geländer soll schützen und somit müssen die Stäbe auch Stöße und Schläge ertragen können.

Im beschriebenen Treppengeländer waren viele Rosetten verschwunden und mussten ergänzt werden. Diese habe ich schnell und preiswert in Handarbeit gefertigt. Defekte Bestandteile, wie ein Wund und gedrehte Elemente der Stäbe wurden sorgfältig neu angefertigt.

Ergänzungsteile historischer Treppenstäbe
Bild: Steffen Huber

Die gewundene Säule (Wund) kann man in Handarbeit herstellen, jedoch auch fräsen. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten der maschinellen Herstellung. In diesem Fall wurde eine CNC-Fräse verwendet. Wichtig ist die korrekte Angabe der Gänge und der Steigung. Trotz der Automatisierung verbleibt ein gehöriger Arbeitsaufwand an Programmierung und Nacharbeit. Die Herstellung gewundener Säulen war seit jeher Bestandteil des Drechslerhandwerks. Da der Drechsler in wesentlichen Zügen immer noch arbeitet, wie der Kollege aus der Gründerzeit, ist es ein Leichtes, historische Bauelemente detailgetreu nachzufertigen. Diese halten dann auch den strengen Blicken der Denkmalschützer stand.

Handgefertigte Treppenstäbe für die Altbausanierung

Handgefertigte Treppenstäbe werden oft für die Sanierung von alten Treppengeländern benötigt. Oftmals haben Besitzer alter Häuser keinen Ansprechpartner, wenn es um eine sehr kleine  Anzahl von Treppenstäben geht, die sich für die  Automatenproduktion nicht lohnt. Den richtigen Ansprechpartner findet er dann in einem Meisterbetrieb – einer handwerklich betriebenen Drechslerei. Der Drechsler ist in der Lage, die allermeisten Treppenstäbe zeitgünstig auch in Handarbeit herzustellen.  Die meisten zu ersetzenden Stäbe laufen unter dem Motto:

verwurmt … zerbrochen … verbrannt

Handgefertigte Treppenstäbe 1 Handgefertigte Treppenstäbe 2 Handgefertigte Treppenstäbe 3 Handgefertigte Treppenstäbe 4

Oftmals stellen die zerstörten Stäbe nur die Spitze des Eisberges dar und ausgewechselt werden nur die akuten Fälle. Typische Holzarten sind in diesem Bereich Erle, Kiefer und Rotbuche – also das, was auch früher in den heimischen Wäldern wuchs und für den Treppenbau verwandt wurde. Seltener finden Stäbe aus Eiche Anwendung, da die Treppen zumeist deckend gestrichen wurden und somit ein einheimisches Edelholz keinen Sinn machte.

Bereits in der Lehre lernt der Drechslerlehrling die Techniken des Langholzdrehens und das Drehen typischer Formen, die bereits seit hunderten Jahren Verwendung finden. So ist er allerspätestens als Geselle in der Lage, die verschiedensten Stabformen mit einfachen Mitteln nachzudrehen. Genau wie die Kollegen vor 100 Jahren…

Da der Drechsler im Allgemeinen über Erfahrung im Geländerbau verfügt, kennt er auch die Tücken der Kundenbestellungen. Oft wird vergessen, dass auf alten Treppen Stäbe verschiedener Länge stehen.  Stehen die Treppenstäbe auf sogenannten aufgesattelten Treppen, hat man gern die 2-1-Teilung genutzt. Bei gleichem Abstand erhält man somit einen relativ kleinen Abstand zwischen den Stäben.

Verwurmter Treppenpfosten findet sein neues Ebenbild

Ein völlig verwurmter alter Treppenpfosten sollte ursprünglich nur geflickt werden. Der Bauherr hatte vermutlich mit Unsummen gerechnet, was ein komplett neuer Treppenpfosten mit historischem Gesicht kosten soll. Aber Handwerk muss nicht teuer sein.
Der alte Antrittspfosten diente gleich als Muster – der Idealfall. Man kann natürlich auch alte Bauelemente nach Zeichnung oder Fotografie nachbauen, aber um den Stil komplett zu erfassen und umzusetzen, ist ein gut erhaltenes Muster Gold wert. Der ursprüngliche Pfosten aus Erlenholz wurde von mir aus Kiefer nachgebaut. Erle war früher ein beliebtes Drechslerholz für den Geländerbau. Es war und ist preiswert, homogen, weich und geschmeidig – lässt sich sehr gut verarbeiten.
Allerdings lieben auch die Holzwürmer bzw. die Gemeinenen Nagekäfer Erlenholz ganz besonders. Die Treppenhäuser wurden oft nass gewischt und so begann das Unheil zumeist von unten – dem Sockel der Treppenstäbe und Treppenpfosten, die durch das Wischen immer wieder feucht wurden. Auch Kiefer ist davor nicht gefeit, jedoch bieten das Harz und andere Holzinhaltsstoffe einen besseren Schutz vor Wurmbefall. Aus diesem Grund sind die Handläufe in alten Häusern, die oft aus Kiefer gefertigt wurden, meist in besserem Zustand.

Rohling und Mustertreppenpfosten

Der Pfosten kann ohne weiteres komplett eckig eingespannt werden. Mit einer kräftigen Schrubbröhre sind die Kanten schnell weggedreht. In diesem Fall wurden anstatt Bohlen, Bretter verklebt. Leider wird technisch getrocknete Kiefer in dickeren Stärken zumeist mit einer Holzfeuchte von über 14% gehandelt. Für eine herkömmliche Verklebung ungeeignet. Es muss also nachgetrocknet werden oder man greift auf das dünnere und trockenere Kiefernholz aus dem Holzhandel zurück.

Mustertreppenpfosten und sein Zwilling

Der Pfosten wird weitestgehend mit den gleichen Werkzeugen und auf die gleiche Art hergestellt, wie es unsere Drechslerkollegen vor 100 Jahren getan haben. Mit geübter Hand und systematischem Vorgehen dauert der Vorgang nicht so lange, wie man es vermuten könnte.

Mustertreppenpfosten und sein Zwilling

Wie Zwillingsbrüder stehen die beiden Antrittsposten nebeneinander. Der neue wird den alten für die nächsten 100 Jahre und mehr ersetzen und dem Treppenhaus einen schönen ersten Eindruck verleihen.

Treppenstäbe mit Vierkant und Rosetten

Die etwas aufwändigeren Treppenstäbe
Dieser etwas aufwändigere Stab für eine Gründerzeit-Villa in Berlin besteht aus mehreren Teilen und wurde mit sogenannten Ochsenaugen versehen. In der Ursprungszeit um 1900 stellte man diese Treppenstäbe noch aus einem Stück her (+ Rosetten). Heute versucht man in Kombination mit moderner Technik, für den Kunden einen günstigen Preis zu erreichen. Deshalb wird der Vierkant einzeln gefertigt und anschließend mit den beiden Formteilen verbunden. Der Grund liegt darin, dass die meisten Automaten keine senkrechten Formen drehen können. Vor dem Schleifen werden die Formen noch per Hand nachgedreht, um dem Kunden einen stilechten Stab ausliefern zu können.

Treppenstäbe mit Vierkant und Rosetten

Das Handdrehen heute beinhaltet die gleiche Technik, wie in der Gründerzeit. Wie immer sind scharfe Werkzeuge und fachliches Können die Grundvoraussetzung für ein gutes Erzeugnis. Im Gegensatz zu unseren Kollegen vor 100 Jahren, benutzen wir heute kaum noch Erlenholz, sondern eher Rotbuche oder Kiefer. Diese Hölzer sind preiswert und lassen sich gut verarbeiten. Die alten Treppenstäbe aus Erle sind oft von unten her verwurmt. Zumeist wurden die Treppen nass gewischt und die Erlenstäbe sogen am Sockel die Feuchtigkeit auf. Genau das sind die Bedingungen, in denen sich die Käferlarven wohl fühlen.

Treppenstab oder Besenstiel

Ist ein Besenstiel ein Treppenstab?
Im Moment ist er ja im Trend, der gerade runde Treppenstab – sogenannte „Besenstiele“, Edelstahlstäbe, gerade eckige Stäbe usw. Aber auch dieser schlichten Moderne kann man etwas Eleganz verleihen. Ein kleiner Absatz – ein unauffälliger Rundstab und schon muss der Treppenstab beim nächsten Trendwechsel nicht mehr ausgetauscht werden. Trends neigen oft zum Extremen und werden gern und schnell von Industrie und Handel aufgenommen. Auch an Treppenstäben geht das nicht vorbei. Handwerker sind flexibel – können und müssen sich gleichermaßen an den Wünschen der Kunden orientieren. Trotzdem darf auch bei drastischen Vereinfachungen etwas Formgebung einfließen – wie eben in diesen unscheinbaren Details am Treppenstab dieser kleinen Serie.

moderner Treppenstab mit Rundstab und Sockel

Kannelierung leicht gemacht

Kannelierung – eine alte Technik
Viele Wege führen bekanntlich nach Rom – bei mir wird die Kannelierung an der Tischfräse mit Hilfe einer uralten Kannelierladentechnik vorgenommen.  Einfach und effektiv.
Um keine Werbung für genauso alte Frästechnik zu machen, habe ich sie etwas verschleiert…  ;)
Die fertigen Treppenstäbe sind vom Original nicht zu unterscheiden. Die Kannelierung ist ein gern verwendetes gestalterisches Mittel. Man kann sie in verschiedenen Profilen herstellen – es gibt einfachere und kompliziertere Kannelierungen. Der Reiz liegt darin, einen Kontrast zu den horizontal verlaufenden Profilen des Treppenstabes herzustellen.

Kannelierung - Treppenstab Treppenstäbe mit Kannelierung

Feiertags-Traillien – was ist das?

Das sind Traillien, die an den Feiertagen hergestellt werden. :)
Da mich ein kleiner Unfall etwas Zeit gekostet hat, muss Einiges nachgeholt werden. In diesem Fall handelt es sich um einige Dutzend Gründerzeitstäbe für ein Berliner Treppenhaus. Sie sind aus Erle gefertigt, wurden am Automaten vor- und dann noch per Hand nachgedreht, so dass sie sich von den Originalen nicht unterscheiden. Gern wird auch Kiefernholz verwendet. Es lässt sich bei scharfem Werkzeug gut bearbeiten, ist preiswert und gut. In den alten Treppenhäusern der Gründerzeit wurde fast nur Erlen- und Kiefernholz verarbeitet. Das Holz war nicht immer das Beste, aber die Farben deckend aufgetragen wurden, war das kein Problem. Das ist es aber eher für Idealisten, die die Farbe von den Traillien entfernen möchten. Das kann mitunter böse Überraschungen geben. Gekittete Risse und dicke Äste sind keine Seltenheit.

Traillien

Mini-Treppenpfosten als Musterarchiv

Viele Kunden wünschen sich für ihr Treppengeländer einen schönen alten Treppenpfosten. Wenn weder Originalpfosten noch Bild da sind, muss eine andere Lösung gefunden werden.
Dafür habe ich besonders typische oder besonders hübsche Pfosten (meist Gründerzeit) im Verhältnis 1:10 nachgedreht. So nehmen sie wenig Platz weg – der Kunde kann sie in die Hand nehmen und man kann die Maße direkt vom Muster abnehmen.

Treppenfosten in Miniformat