Hab letztens nach Kundenwunsch sieben Leuchter mit der Hand gedreht. Eine sehr schöne Aufgabe, da gedrehte (gedrechselte) Kerzenleuchter im Osten Deutschlands seit der Wende nicht mehr wirklich gewünscht wurden. Der derzeitige Trend ist eher schlicht und so konnte ich mich ein wenig „austoben“. Der Kunde hatte zwar ein Bild zur Orientierung beigelegt und eigenes Material mitgebracht, aber für die Formgebung hatte ich weitestgehend freie Hand.
Mir war es selbst überlassen, den sieben Objekten aus ~holz eine unterschiedliche und doch ähnliche Form zu geben. So ließ ich mich spontan von verschiedenen Stilen inspirieren – ließ die Formen direkt an der Drehbank ins Holz fließen. Die Formgebung im Drechslerhandwerk ist eher konservativ und speist sich aus jahrhundertealten Traditionen. Was dem Auge angenehm war, hat sich durchgesetzt. Ob Klassizismus, Biedermeier, Gründerzeit oder Jugendstil – die Grundformen blieben immer die gleichen. Sie wurden und werden nur unterschiedlich kombiniert. Dabei spielt der sogenannte goldene Schnitt eine nicht unerhebliche Rolle – wenn auch nur in den Grundzügen und nicht im Detail. Im Falle dieser Leuchter sollte die Form eine gewisse Standfestigkeit unterstützen. Das erreicht man durch kürzere, dickere Formen im unteren Bereich und schlankere, längere im oberen Abschnitt. Der Schwerpunkt liegt damit im Fuß. Der gedrungene Kopf ist in der Lage (optisch gesehen), etwas zu tragen – in unserem Fall eine kräftige Kerze aufzunehmen. Konus und Karnies im mittleren Bereich haben den Schwerpunkt unten. Dadurch wird es eine aufstrebende, höhengewinnende Form.
Das ist natürlich viel „Geschwafel“ um eine kleine Sache, aber oft sind es auch die kleinen Dinge, die wohlüberlegt sein müssen, um das große Ganze wirkungsvoll und harmonisch ins Bild zu setzen. Kontraste sind es, die Spannungen erzeugen und Objekte interessant machen. In diesem Fall sollte der Kontrast in dem stark verzierten Leuchter und der schlicht glatten, hoch aufragenden Kerze bestehen.